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Zweitveröffentlichungsrecht (Teil 1)

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Zweitveröffentlichungsrecht (Teil 1)

Das deutsche Urhebergesetz erlaubt Autor*innen nach der Publikation bei einem Verlag eine Zweitveröffentlichung (/Selbstarchivierung) von wissenschaftlichen Artikeln im Internet

Viele wissenschaftliche Autor*innen kennen das: gerade hat man einen Artikel veröffentlicht, oder neue Fachkolleg*innen auf einer Konferenz kennengelernt, da folgt deren Frage, wo denn die eigenen Arbeiten nachzulesen seien. Eigentlich eine gute Sache, denn solches Interesse zeugt von dem Stellenwert, den die eigene Arbeit in der Fachcommunity hat. Wenn aber die betreffenden Texte in teuren Sammelbänden abgedruckt oder in Zeitschriften publiziert wurden, die man abonnieren muss, um Zugang zu den neuesten Ausgaben zu erhalten (oder für das Lesen einzelner Artikel bezahlen muss), bleibt auch der beste Aufsatz am Ende oft ungelesen. Denn potentielle Leser*innen, die außerhalb der Reichweite europäischer Förderungsinfrastrukturen leben oder nicht in einer Institution arbeiten, die spezielle Lizenzen für ihre Mitarbeiter erworben hat, stehen hier vor einem Zugangsproblem, oder zumindest vor einer aufwendigen Beschaffung.

„Manuscript“, Photo: Eliza Evans, 2008 (CC BY-NC-ND)

Artikel, die Open Access bereitstehen, werden dagegen viel häufiger gelesen, weil sie sofort verfügbar sind (open-access.net).  Was macht man aber, wenn man schon (druck-) publiziert hat, aber dennoch Open Access gelesen werden will? Darf man die eigenen Artikel hinterher digital mit den Fachkolleg*innen teilen?

Urheber- und Nutzungsrechte im Internet

Solange man keinen Vertrag mit einem Verlag abgeschlossen hat, in dem die Nutzungsrechte an selbigen übertragen werden, darf man grundsätzlich natürlich alle eigenen Werke im Internet der Allgemeinheit zur Verfügung stellen (das wird ja gerade in der Idee von Open Access, also dem offenen, digitalen Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen, und Creative Commons, dem „schöpferischen Gemeingut“, angestrebt). Genau das aber wollen die Verlage vermeiden, und lassen ihre Autor*innen deshalb in der Regel Verträge unterschreiben, in denen diese ihre Rechte auf den Verlag übertragen. Ein Blick in den eigenen Verlagsvertrag verschafft hier schnellen Aufschluss: während die Übertragung einfacher Nutzungsrechte dem Verlag lediglich erlaubt, den Text zu publizieren und zu verwerten, dem Autoren oder der Autorin aber das Recht vorbehält, den gleichen Text auch beliebig vielen weiteren Verlagen, Institutionen oder Einzelnutzern zur Verfügung zu stellen, schränkt die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte an den Verlag diese Möglichkeiten erheblich ein (Tesch et al. 2018). Dann dürfen Autor*innen ihre jeweiligen vertraglich gebundenen Texte weder anderen zur nochmaligen Veröffentlichung zur Verfügung stellen, noch die eigenen Texte ohne ausdrückliche Erlaubnis des Verlages selber öffentlich zugänglich machen (zum Beispiel im Form einer Selbstarchivierung im Internet). Diese Klausel steht in vielen Verlagsverträgen.

Haftbarkeit von Autor*innen für unerlaubte Veröffentlichungen ihrer Artikel

Wer das Verbot ignoriert und solcherart geschützte Texte ohne Genehmigung des Verlages ins Internet stellt, kann grundsätzlich vom Verlag auf Schadensersatz verklagt werden – auch wenn nicht immer klar ist, ob der Verlag von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machen würde. Prinzipiell besteht solch ein Haftungsrisiko sowohl für Autor*innen oder sonstige Personen, die den Text hochladen, als auch für die Betreiber des Servers, auf den der Text geladen wird (FAQ, Bruch 2015). Um das Weiterveröffentlichungsverbot zu umgehen, haben sich mittlerweile im Internet regelrechte „Schattenbibliotheken“ gebildet, deren Server an rechtlich schwer zugänglichen Orten stehen.  Natürlich ist das kein legaler Umgang mit dem urheberrechtlichen Problem. Die Gesetzgeber in einigen Ländern sahen sich daher veranlasst, Gesetzesnovellen vorzunehmen, die rechtlich zulässige Lösungen schaffen sollten.

Reformen im deutschen Urheberrecht

Bereits 2014 wurde vom deutschen Gesetzgeber eine Gesetzesnovelle in Kraft gesetzt (Bruch und Pflüger 2014; zur Geschichte der Urheberrechtsnovellierung), die unter bestimmten Voraussetzungen eine Zweitveröffentlichung oder Selbstarchivierung auch ohne Genehmigung des Verlages ermöglicht. Diese Gesetzesänderung ging Kritikern jedoch nicht weit genug, zumal sie Mitarbeiter*innen von Universitäten vom Recht auf Zweitveröffentlichung ausschließt. Seit 1. März 2018 ist nun in Deutschland ein neues Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) in Kraft, das Änderungen in verschiedenen urheberrechtlichen Bereichen vornimmt. Der für Zweitveröffentlichungen relevante Paragraph 38 bleibt darin jedoch unverändert bestehen. Ebenso wenig erfolgte 2018 die von Kritikern erhoffte Abschaffung der Ungleichbehandlung von Universitätsmitarbeiter*innen (Aktionsbündnis, 28.02.2018). Somit ist das Zweitveröffentlichungsrecht in seiner 2014 in Kraft getretenen Form noch immer gültig.

Die hier dargestellten Inhalte dienen lediglich zur Information. Sie stellen keine rechtsverbindlichen Auskünfte dar.

Hier geht es weiter zum Beitrag Zweitveröffentlichungsrecht Teil 2.

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