Wir trauern um Bundespräsident a.D. Horst Köhler. Wie kein anderer Bundepräsident hat
Horst Köhler den afrikanischen Kontinent ins öffentliche Interesse Deutschlands gerückt
und dabei die Bedeutung kulturellen Austauschs und wissenschaftlicher Kooperation
bekräftigt. Er betonte stets die Notwendigkeit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und
einer Partnerschaft im Dialog. Er wandte sich konsequent gegen das Bild Afrikas als
„Krisenkontinent“ und unterstrich immer die Vielfalt des Kontinents. Zugleich mahnte er
seit seiner Antrittsrede im Deutschen Bundestag, dass sich „die Menschlichkeit unserer
Welt am Schicksal Afrikas“ entscheide. Es sei „eine Frage der Selbstachtung Europas“ sich in
Afrika „ehrlich und großzügig zu engagieren“ (Rede vor dem Deutschen Bundestag,
01.07.2004). Europa und Amerika seien gut beraten, „den afrikanischen Kontinent endlich
als gleichberechtigten Partner in unserer einen Welt anzuerkennen” (Maputo, 10.04.2006).
Europa und Afrika ständen „beide vor den Herausforderungen der Globalisierung“, bei der
viele Fragen sich nur gemeinsam beantworten ließen (3. Afrika-Forum, 04.11.2007).
Gleichzeitig lud er afrikanische Partner ein, „ihre Interessen und Angebote zu
partnerschaftlicher Zusammenarbeit selbstbewusst zu formulieren“ (Kampala, 04.02.2008).
Bei seinen zahlreichen Staatsbesuchen in Afrika verwies er wiederholt auf die wichtige
Rolle der Afrikanischen Union und anderer Regionalorganisationen. In Europa sei „immer
noch viel zu wenig bekannt, dass … in Afrika ein neuer Wind weht“ (Accra, 11.01.2007).
Mit der von ihm initiierten „Partnerschaft mit Afrika“ wollte er einen solchen „echten
Dialog“ stärken, in dem nicht nur Politikerinnen und Wirtschaftsleute zu Wort kommen, sondern auch Kulturschaffende, Journalistinnen, Jugendliche und andere Vertreter*innen
der Zivilgesellschaft. Seine Begeisterung für die Vielfalt und Dynamik afrikanischer Kunst
und Kultur hat Horst Köhler nie verborgen. Es ging ihm um Austausch; Horst Köhler wollte
nicht belehren, sondern zuhören und Fragen stellen. „Die Bedeutung kulturellen
Austausches“, so Köhler, „wurde leider zu oft in unseren Beziehungen mit Afrika
unterschätzt“ (Abuja, 09.11.2008). In seinen „Vier Thesen zu Afrika“ (Hamburg, 26.03.2015)
bildete der Ruf nach „mehr Aufmerksamkeit für afrikanische Kunst und Kultur“ einen
eigenen Punkt; sie sei ein wichtiger Gradmesser, einen eurozentrischen Blick auf die Welt
zu überwinden und afrikanische Auseinandersetzungen mit „angstfreien Destruktionen
und Konstruktionen von Identität“ wahrzunehmen. Bundespräsident a.D. Horst Köhlers
erste offizielle Reise außerhalb Europas ging nach Addis Abeba, wo er vor dem Parlament
der Afrikanischen Union unterstrich: „Ich glaube an die Zukunft Afrikas“ (Addis Abeba,
15.12.2004). In seiner Hamburger Rede „Vier Thesen zu Afrika“ erinnerte er einmal mehr
daran: „Afrika wird entscheidend sein für eine gute Zukunft der Menschheit im 21.
Jahrhundert“.
Die Vereinigung für Afrikawissenschaften in Deutschland (VAD e.V.) trauert um einen
engagierten Bundespräsidenten, den wir an unserer Seite wussten. Wir hoffen, dass andere
seinem Beispiel folgen und jenseits kurzfristiger Kalküle charakterfest für die Kooperation
mit Afrika eintreten.
VAD e.V., 03.02.2025