Da nicht alle wissenschaftliche Autor*innen ihr Recht auf Zweitveröffentlichung wahrnehmen, wollen einige Universitäten und andere Institutionen ihre Mitarbeiter*innen dazu verpflichten. Die Idee einer „Pflicht zur Zweitveröffentlichung“ trifft jedoch auf Kritik aus der Wissenschaft.
Die Zweitveröffentlichung als Recht oder Pflicht?
Das Zweitveröffentlichungsrecht, also das Recht, wissenschaftliche Artikel nach Ablauf eines Jahres nach der Druckveröffentlichung online zu stellen, hat viele Vorteile, bringt jedoch auch Probleme mit sich. Manche Universitäten und Forschungsinstitutionen möchten aus dem Zweitveröffentlichungsrecht der Autor*innen eine Pflicht machen, und ihre Mitarbeiter*innen verpflichten, die Zweitveröffentlichung ihrer Manuskriptversionen auf ihrem Institutsserver oder anderweitig öffentlich zugänglich zu machen. Einige Stimmen fordern sogar Sanktionen gegen Wissenschaftler*innen, die von ihrem Zweitveröffentlichungsrecht keinen Gebrauch machen beziehungsweise gegen die Gremien, die solche Verpflichtungen ihren Mitarbeitern gegenüber nicht konsequent durchsetzen. Kritiker sehen darin allerdings die Freiheit der Wissenschaft gefährdet (Tesch et al. 2018). So klagten 17 Hochschullehrende gegen eine entsprechende Satzung der Universität Konstanz (Aktuelles 2017; Hartmann 2017). Die Entscheidung über diesen Fall steht noch aus.
Eine mögliche Einführung des „Zwangs zur Zweitveröffentlichung“ ist rechtlich durchaus umstritten, da das Zweitveröffentlichungsrecht ein personengebundenes Recht von Autor*innen darstellt und somit kein Recht des Staates oder von Institutionen begründet (FAQ, Bruch 2015). Die Einführung einer zwingenden Verpflichtung oder gar von Sanktionen könnte sich für die betreffenden Institutionen durchaus auch als kontraproduktiv erweisen, da das gegenseitige Vertrauensverhältnis zu den eigenen Mitarbeitern dadurch in Gefahr geraten könnte.
Warum zögern Wissenschaftler*innen überhaupt, Zweitveröffentlichungen vorzunehmen?
Die Gründe von Wissenschaftler*innen, vom Recht auf Zweitveröffentlichung keinen Gebrauch zu machen, können vielfältig sein. Neben mangelnder Zeit und anderweitiger Priorisierung dürfte es vor allem an der Frage der allgemeinen Reputation und Zitierbarkeit von Manuskriptversionen liegen, da Manuskripte eben nicht über das professionelle Layout und Logo eines prestigeträchtigen Verlages verfügen, und auch nicht immer mit der Seitenzahlenangabe der Verlagspublikation übereinstimmen (siehe auch Egloff, zitiert in Baumann 2018). Zudem ist nicht immer klar, wie dauerhaft Manuskriptveröffentlichungen auf den jeweiligen Servern gespeichert werden. Potentielle Leser*innen, so die Befürchtung, könnten dazu tendieren, solche Schriften nicht zu zitieren. Manchmal möchten Autor*innen aber auch ihre gute Arbeitsbeziehung zu Herausgebern und Verlegern der betreffenden Periodika nicht gefährden, und verzichten deshalb auf ihr Zweitveröffentlichungsrecht.
Andererseits sollte Forschung, die mit öffentlichen Geldern finanziert wurde, auch öffentlich zugänglich bleiben, und das Recht auf Zweitveröffentlichung bietet gute Möglichkeiten dafür.
Mit dem Verlag oder gegen ihn? Pro und Contra einer Debatte
Die Verlagslandschaft ist vielgestaltig und reicht von mächtigen Zeitschriftenverlagen, die auf Kosten von Autor*innen und öffentlichen Geldgebern erhebliche Gewinne machen, bis hin zu kleinen Spezialverlagen, die stetig um ihr Überleben kämpfen müssen. Gerade im Bereich der Afrikanistik handelt es sich bei Publikationen oft um sogenannte „Nischenfelder“, wobei viele Wissenschaftler*innen begrüßen, dass es noch anerkannte Verlage gibt, die in ihren Arbeitsbereichen substantielle Veröffentlichungen ermöglichen. Erforderlich scheint daher eine Lösung, die Verlagsinteressen und Autor*innenrechte nachhaltig ausbalanciert.
Die hier dargestellten Inhalte dienen lediglich zur Information. Sie stellen keine rechtsverbindlichen Auskünfte dar.